Wie, wo, was genau? Ihr habt noch nie vom sogenannten Loudness War gehört? In der Toni- und Radiowelt ein großes Thema und kontrovers diskutiert. Was ein erfahrener Toningenieur dazu zu sagen hat: Bühne frei für Bernhard alias Al Kreuzer.
Al, was hältst du denn persönlich vom sogenannten Loudness-war?
Al: “Ganz simpel gesprochen gar nichts. Denn die bekannten „Zerstörungen“ des Audiomaterials bei der exzessiven Bearbeitung zum lautesten Material, haben nicht nur den kaputten Sound der Titel zur Folge sondern führen auch zu Phänomenen beim Menschen, die vielen gar nicht bewußt sind. Das heißt, dass sich zwar der Mensch vom Kopf her sehr schnell an neue Klangästhetiken anpasst – wer mit dem „Loudness War“ groß geworden ist, empfindet oft „normale“, das heißt, gut und dynamisch klingende Musik, als „komisch“.
Was aber beim Hören passiert, kann man nicht einfach „ändern“, unsere Physis und natürlich auch der Hörapparat mit der nachgeschalteten Aufnahme im Gehirn ist eigentlich immer noch der gleiche wie vor tausenden von Jahren.
Langer Rede kurzer Sinn: Beim Hören von zu heftig bearbeitetem Musikmaterial können sich Gehör und Gehirn wegen fehlender leiserer Stellen nicht „erholen“, was zu enormem Stress in nervlicher Hinsicht führt. Einfach gesagt spürt man bei dynamischer Musik eher das Bedürfnis, mal lauter aufzudrehen, bei dem „kaputten“ Zeug macht man eher schnell wieder leiser.”
Wann ist das losgegangen?
Al: “Angeblich ging das damit los ,dass bei der Beurteilung von Mischungen durch die Plattenfirmen in der „Hörsitzung“ die Mischungen ausgewählt wurden, die schon nach einem „Hit“ klangen.
Äh, … wie soll das denn gehen ? Ganz einfach: Zu der damaligen Zeit wurde eigentlich nur „normal“ im Studio gemischt und das Mastering war sehr dezent. Wenn nun ein Titel im Radio läuft, wird er durch den Sendelimiter oder Compresssor beim Ausstrahlen komprimiert. Wenn man nun einen Mix hörte, der schon ähnlich komprimiert war, klang er eben „näher an einem Hit aus dem Radio“, und dieser wurde dann ausgewählt.
Von da an begann dann der Krieg um immer lautere Platten/CDs, mit den heutigen Ergebnissen, die zum Teil so schlimm sind, dass sogar Alben an die Plattenfirmen zurückgeschickt wurden mit der Bitte, sie doch bitte nochmal zu machen und zwar so dass man sie sich anhören kann (stimmt wirklich).“
Wie hat sich die Produktion von Radiowerbung verändert?
Al: “In erster Linie haben wir eine viel höhere Geschwindigkeit in der Produktion, bedingt durch moderne DAWs (Digital Audi Workstation) und deren Möglichkeiten, welche natürlich auch genutzt werden. Dazu gehören: Störsignalbeseitigung wie Schmatzen Knacksen etc., jegliche Tonhöhen-/Sound-/Effekt-/ Dynamik-kontrolle, das Editieren (altmodisch: schneiden) des Materials, und natürlich die Nutzung des Total Recalls.
Das heißt, dass jede Produktion zu jedem Zeitpunkt zu 100% wieder aufgerufen und wieder verwertet werden kann.
Des Weiteren haben moderne Radiospots natürlich mehr Druck, sind also lauter als früher. Da die empfundene Lautheit von Audiomaterial nur im Kino und mittlerweile auch im Fernsehen reguliert ist, (LEQ28, EBU 128) kann man sich im Radio und auf den CDs noch „austoben“. “
Gibt es Unterschiede im Vergleich zu Produktionen von vor 10 Jahren?
Al: “Na ja Rechner und DAWS gibt’s ja schon länger, ich würde mal sagen, dass an der Speedschraube immer gedreht wird, da eben „je schneller desto mehr pro Tag“.
Zum anderen haben wir mittlerweile fast nie mehr Sprecher/Musiker „körperlich“ im Studio, das läuft alles online, der Sprecher ist dadurch fast ständig verfügbar, was wieder die Möglickeit zu schnellen Änderungen, Neuaufnahmen bietet, also Zeitersparnis.
Auch die Nutzung von Libraries (Musik/FX) -natürlich auch online- wird weiter verbessert, man hat dadurch besseren und schnelleren Zugriff auf Produktionsmaterial.”