Darf ich als Musiker kurze Teile aus anderen Songs übernehmen und sie, ohne den Urheber des Songs um Erlaubnis zu fragen, in meine eigenen Songs einbauen? Wegen dieser Frage streiten sich der Musikproduzent und Rapper Moses Pelham und die Band Kraftwerk seit Jahren vor Gericht – und es ist noch kein Ende in Sicht…
Im Fachjargon spricht man von „Sampling„, wenn ein Teil einer bereits vorhanden Musik oder Tonaufnahme in einem neuen, häufig musikalischen Kontext verwendet wird. Der Begriff leitet sich vom Englischen „Sample“ ab, was im Deutschen so viel bedeutet wie „Beispiel“ oder „Auswahl“. In der Regel wird dies heutzutage mit einem Hardware- oder Softwaresampler umgesetzt. Dabei wird der ausgewählte Ton digitalisiert und gespeichert, sodass er mit anderen Audioprogrammen bearbeitet werden kann. Es kann sich sowohl um beliebig lange oder kurze Tonausschnitte, als auch einzelne Töne oder Geräusche handeln.
Bei einzelnen Tönen können auch akustische Instrumente als Klangquelle verwendet werden, denn die Sampling-Technik ist mittlerweile so fortgeschritten, dass die Palette einfache Volksinstrumente wie Flöten oder Trommeln aber auch das komplette Orchesterinstrumentarium umfasst. Die Liste von Künstlern, die gesampelt haben, ist keine kurze, einige Namen darunter sind auch keine Überraschung: Daft Punk, Flo Rida, Madonna, Depeche Mode…doch manche Samples hätte man als Laie nicht gekannt, wie dieses Video hier zeigt:
Aufällig ist auch, dass Sampling häufig im Hip Hop angewendet wird. Fakt ist jedoch, dass gewiss nicht jeder Künstler die Rechte an den Samples erworben hat. Der östereichische Musiker Left Boy geht ganz offen mit dem Thema Samples um, da diese mehr als deutlich in seinen Songs zu hören und erkennen sind, man findet sie auf der Website whosampled.com.
Pelham vs. Kraftwerk – was bisher geschah
Pelham sampelte von dem Kraftwerk-Song „ Metall auf Metall“ eine 2 Sekunden lange Rhythmussequenz und ließ diese als Loop in fortlaufender Weiderholung in seinem Song „Nur mir“ laufen. Weil Pelham Kraftwerk nicht um Erlaubnis gefragt hatte und keine Rechte an ihrem Song erworben hatte, klagte die Band auf Unterlassung und Schadensersatz. 2012 entschied der BGH deshalb gegen Moses Pelham. Der Song „Nur mir“ durfte daraufhin nicht mehr verbreitet werden.
Dagegen legte wiederum Pelham eine Verfassungsbeschwerde ein, der sich auch andere Musiker anschlossen. Pelham sehe sich in seiner künstlerischen Freiheit bedroht, da Sampling ein entscheidender Teil des Hip-Hops sei. Diese Verfassungsbeschwerde hatte nun Erfolg – der Fall geht erneut vor das BGH. Schließlich einigte sich das gericht in Karlsruhe, dass Sampling in gewissem Maße in Bezug auf die Künstlerfreiheit erlaubt sei.
Soweit die Faktenlage. Auch bei P&P sorgte die Entscheidung für Diskussionen. P&P-Geschäftsführer fasst für uns zusammen:
„Die Entnahme einer kurzen Sequenz aus einer Musikaufnahme, um diese in einer neuen Musikaufnahme zu nutzen, hat sowohl eine urheberrechtliche (Komponist/Texter/Musikverlag), als auch eine leistungsschutzrechtliche (Plattenfirma/Label) Komponente. Das deutsche Leistungsschutzrecht und das deutsche Urheberecht fordert zwingend vom Nutzer, eine Genehmigung des Rechtsinhabers einzuholen, sofern der Urheber nicht schon über 70 Jahre tot ist oder die jeweilige Aufnahme schon über 70 Jahre alt ist.
Nach meinem Kenntnisstand argumentiert das Gericht, dass eine Musikrichtung wie Hip/Hop oder RAP-Musik ohne die Möglichkeit zur – ungenehmigten –
Nutzung von Samples nicht möglich wäre. Außerdem wäre die genutzte Sequenz ja nur sehr kurz. Letzteres zeigt meines Erachtens schon, dass dieses Urteil nicht haltbar ist, da im Urheber- und Leistungsschutzrecht bezüglich irgendeiner Länge, die zur Genehmigungsfreiheit führen würde, nichts geschrieben steht.
Auch das Argument, dass eine Musikrichtung wie Hip/Hop oder RAP-Musik ohne die Möglichkeit zur – ungenehmigten – Nutzung von Samples nicht möglich wäre, ist falsch, denn es gibt hunderte von Hip-Hop Versionen von bestehenden Songs, bei denen die Nutzer halt vorher bei den Rechteinhabern angefragt haben und diese die Nutzung von Samples aus der Originalaufnahme dann – in der Regel – kostenpflichtig – gerne erlaubt haben.“