Retro-Radios sind Kult. Viele Hersteller setzen wieder auf das nostalgische Design. Ein Rundfunk – und Fernsehtechnikermeister aus Kreuzberg geht den anderen Weg. Er hat sich auf die Instandsetzung, Restaurierung und den Verkauf von originalen Retro-Radios spezialisiert….
Bei „Radio Art“ in Kreuzberg schlagen Sammlerherzen höher. Hier sind fast alle deutschen Hersteller vertreten – von Braun über Telefunken bis hin zu Wege Schaub-Lorenz. In der Forschung und technischen Entwicklung des Rundfunks war Deutschland von Anfang an vorne mit dabei. In den 30er und 50er Jahren exportierte die deutsche Industrie Empfänger millionenfach in die ganze Welt.
Berlin schrieb im Dezember 1920 Rundfunk-Geschichte, als 1920 das erste Weihnachtskonzert aus Königs Wusterhausen auf Kurzwelle 2.700 ausgestrahlt wurde. 1922 gab es dann schon einen Wirtschaftsrundfunkdienst mit Börsen- und Wirtschaftsnachrichten für Unternehmen.
Nach der Erfindung des Rundfunks lieferten sich die großen Herstellerfirmen einen erbitterten Kampf um die Produktion von Radiogeräten, den rund 28 davon überstanden. Im Jahr 1930 gab es eine spektakuläre Erfindung: das grüne „Magische Auge“ zur Senderfeinabstimmung und 1960 dann die „Radio Luxemburg Taste“, die den Hörer auf Knopfdruck mit der beliebten Radiostation verband.
Der Rundfunk- und Fernsehtechnikermeister Horst Schmahl hat neben historischen Radiogeräten außerdem noch alte Fernsehgeräte, Grammophone und Mikrofone im Sortiment, die man so heute nicht einmal mehr auf dem Flohmarkt findet. US-Mikrofone aus den 30er und 60er Jahren sind momentan sehr gefragt. Genau wie bei den Autos war auch hier das Gestaltungsmotto „Streamline“. In Deutschland dagegen hielt man die Mikrofone im nüchternen, glatten Bauhaus-Stil.
Einige der Oldschool Radios sehen nicht einfach nur alt aus, sondern haben ein ganz besonderes Design, zum Beispiel das Radio „Nora“ von 1930, das mit einer Lautsprecherverkleidung im Sonnenblumendesign verziert ist.
Aber auch die Plattenspieler sind echte Hingucker in der „Hutschachtel“ oder die weiße Serie von Braun, die vor allem bei Studenten in den 60ern beliebt war und den Namen „Schneewittchensarg“ verpasst bekam.
Neuerdings gibt es neben Radio Art einen ähnlichen Laden namens „Vintage Gold“, der Joe Ruba gehört. Ruba, früher selbst Musiker in einer Rockabilly- und Countryband, benötigte für seine Musik immer mehr histroische Mikrofone, wodurch er auf das Geschäft von Horst Dieter Schmahl stoß. Da Schmahl aus Altersgründen sowieso einen Nachfolger suchte, nahm er Ruba als „Lehrling“ auf und gab ihm das Geschäft nebenan. Mittlerweile ist Joe Ruba fit im Restaurieren. Schmahl als Techniker und er als Musiker ergänzten sich gut. Da es keine Anleitungen mehr für die alten Radios gibt, konnte Horst Schmahl Ruba allein durch jahrzentelange Erfahrung und sein umfangreich erlangtes Fachwissen einlernen.
Neben Radionostalgikern sollen auch immer öfter Filmausstatter durch den Laden schlendern. Denn man kann die Geräte nicht nur kaufen, sondern auch mieten.
Kurzweilige Unterhaltung mit Kurzwelle
In Sachen Hörgewohnheiten müssen sich Käufer der alten Radiogeräte allerdings umorientieren. Privatsender wird man auf diesen Geräten kaum empfangen, denn für deren Übertragung via Ultrakurzwelle sind die Geräte erst seit 1949 ausgelegt. Die fast vergessene Kurzwelle hält dafür aber so manche Senderentdeckung bereit.
Die Kurzwelle bietet die Möglichkeit, Radiosendungen aus jedem Land der Welt zu empfangen. Kein andererer Frequenzbereich weißt eine solch große Reichweite auf.