Wer glaubt, als Mensch im digitalen und hoch-technologisierten Zeitalter seinen ureigenen menschlichen Empfindungen entkommen zu sein, liegt nicht ganz richtig. Die Evolution hat uns so einiges beschert, aber von unseren menschlichen Regungen und Gefühlen können wir uns trotz all der neuen Entwicklungen nicht lösen. Wie wir auf bestimmte Geräusche reagieren und was sie in uns auslösen gehört hier ganz klar dazu.
Wir haben uns bereits eingehend mit Musik und unseren damit verbundenen Emotionen beschäftigt. Die Entwicklungen im Bereich des Audio-Streamings macht sich die Werbe-Industrie bereits zunutze, um die Kunden in ganz privaten Situationen emotional zu erreichen und die Kaufbereitschaft zu beeinflussen.
Aber nicht nur Musik, sondern auch bestimmte Geräusche können unser Unterbewusstsein und somit auch unsere Kaufbereitschaft positiv beeinflussen. Genau wie bei anderen Sinneseindrücken wie dem Riechen oder Schmecken verbinden wir auch alle auditiv wahrgenommenen Eindrücke mit bestimmten Emotionen, die durch etwas Erlebtes fest in unserem Gedächtnis abgespeichert sind.
Der typische Produkt-Sound
Produkte, die wir alltäglich nutzen oder konsumieren, werden in der Werbung daher oft auch mit den jeweiligen Geräuschen präsentiert, die zu ihnen passen. Bei Lebensmitteln sind es die Geräusche, die sie als besonders appetitlich erscheinen lassen, bei Gebrauchsgegenständen können Funktionalität, Komfort oder Sicherheit durch entsprechende Sounds hervorgehoben werden.
Hierzu einige Beispiele, die die meisten selbst aus Funk und Fernsehen kennen dürften:
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Das Knacken von Schokolade
Viele werden sich noch an die TV-Kampagnen eines großen Eis-Herstellers erinnern. Das mit einer dicken Schokoladenschicht überzogene Vanille-Eis am Stiel wird genüsslich von einer attraktiven Frau oder einem attraktiven Mann verspeist. Beim ersten Reinbeißen in die Schokolade vernimmt man ein ganz spezifisches Knacken der Schokolade, das Lust macht, sich selbst eben dieses Eis zu gönnen. Einfach nur, weil die Schokolade so schön knackt.
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Der typische Getränke-Sound
Ein großer Getränke-Hersteller bedient sich in seinen TV-Spots passender Geräusche, die den Zuschauern die Frische und die Spritzigkeit seiner Produkte vermitteln: Das Klingen von Gläsern im Rhythmus der Musik, das Zischen beim Öffnen der kohlensäurehaltigen Getränkeflaschen, ein begeistertes „Ahh“-Geräusch, das man eben als Mensch so macht, wenn man seinen Durst gelöscht hat. Einpräg- und in jedem Fall sehr wirksam.
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Keks-Geräusche
Die wohl bekanntesten Butterkekse der Nation werben für einen ihrer Keks-Riegel mit einem sehr auffälligen Crunch-Geräusch. Auch hier erkennt man die typische Mischung aus dem Sound, den man selbst vom Reinbeißen kennt, und einem Geräusch, das der Optimalvorstellung des Sounds beim Reinbeißen entspricht. Es klingt knackig, krümelig, voll und nicht zu flach. Das Geräusch stimmt uns positiv und es klingt einfach lecker.
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Von Autotüren und Motoren
Ein sehr weites Feld in Sachen Sounddesign tut sich auf, wenn man sich die auditive Umsetzung von Autowerbung genauer ansieht, bzw. anhört. Hier gibt es auch in der alltäglichen Handhabung des entsprechenden Fahrzeugmodells viele Bereiche, in denen Geräusche unheimlich wichtig sind.
Motorengeräusche sollen das Gefühl von Stärke und Qualität vermitteln. Ein satter Motor-Sound dient dem Fahrspaß und ist für die meisten Marken ein Erkennungszeichen.
Weitere Geräusche wie das Schließen von Türen und Kofferraum oder auch das Geräusch der elektronischen Fensterheber dienen dem Gefühl von Sicherheit. Eine Tür, die mit einem satten Geräusch zufällt und nicht flach klappert, gibt uns viel eher ein Gefühl von Geborgenheit und Wohlbefinden.
Den Test, ob man verschiedene Fahrzeug-Fabrikate an ihrem Motorensound und dem Geräusch beim Schließen der Türen erkennt, können Sie auf faz.net machen.
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Der Sound der Lippenpflege
Ein deutschlandweit bekannter Hersteller von Lippenpflege-Produkten wirbt mit dem typischen „Klack“-Geräusch beim Abziehen der Verschlusskappe vom Pflegestift. Warum auch nicht – die Kunden hören dieses Geräusch vor jedem Benutzen des Produktes. Somit hat es einen hohen Wiedererkennungswert und ist bereits fest in den Alltag der Kunden übergegangen. Durch die Anpassung von Form und Material lassen sich Tonart und –höhe gezielt beeinflussen, sodass das Geräusch beim Öffnen angenehm im Ohr klingt.
Evolution? Eher nicht.
Auch wenn wir uns in vielerlei Hinsicht ohne Frage weiterentwickelt haben, reagieren wir auf auditive Reize immer noch evolutionsbedingt. Bestimmte Geräusche und Sounds können uns positiv stimmen, uns aber auch ängstigen oder Widerwillen in uns auslösen.
Für das Sounddesign in der Werbung ist es daher von großer Bedeutung, diese Geräusche zu selektieren und den Kunden nur die Varianten anzubieten, die ihr Unterbewusstsein positiv stimmen und die ein Gefühl für das jeweilige zu bewerbende Produkt vermitteln.
Einmal auf dieses Thema sensibilisiert, fallen Ihnen sicher noch viele weitere Werbekampagnen ein, die sich bewusst auf die typischen Geräusche eines Produktes beziehen und es hierdurch für die Kunden attraktiv darstellen. Ein eindeutiger Hinweis darauf, wie wichtig auditive Reize in der Werbung sind, um Kunden an das jeweilige Produkt zu binden, Vertrauen aufzubauen und die Kaufbereitschaft zu steigern.
7. Mai 2018 um 09:32
Hallo Lisa,
ein sehr spannender Artikel. Ich selbst finde das Thema Sounds auch sehr faszinierend, weshalb ich eine App Namens BEST CAR SOUNDS (BESTE AUTO SOUNDS) programmiert habe. Mit der App können viele Motorengeräusche abgerufen werden.
Gruß
Pascal
8. Mai 2018 um 09:36
Hallo Pascal,
vielen Dank für Deinen Kommentar – die App sehen wir uns gleich mal an.
Liebe Grüße,
Lisa und das P&P-Team