Kuriose Szenen haben sich in den letzten Wochen bei uns abgespielt: Ein Kaktus stand vor dem Mikro ebenso wie ein massiver Backstein. Eine gute Gelegenheit, mal ein wenig aus dem Studio-Nähkästchen zu plaudern und Ihnen einen Einblick hinter die Kulissen zu geben. Was unsere Tonmeister schon an außergewöhnlichen Geräuschen aufgenommen haben, erfahren Sie in diesem Beitrag.
Kling, Bumm, Peng!
Für unsere Radiospots brauchen wir eine ganze Menge an Geräuschen. Genauso wie die passende Musik und die für die Zielgruppe geeignete Stimme der Sprecherin oder des Sprechers sorgen Geräusche dafür, dass der Spot in den Köpfen der Kunden seine gewollte Wirkung entfaltet.
Die passende Soundkulisse versetzt uns entweder an einen bestimmten Ort oder in eine Szene, zu der spezifische Geräusche gehören: Ein Dinner mit gedämpften Stimmen und leichtem Gläser klirren, eine Wasserski-Anlage mit Motorboot-Geräuschen und schäumendem Wasser oder einfach nur ein paar Schlittenglöckchen für ein bisschen Weihnachtsstimmung.
Hierfür haben wir eine schier endlose digitale Trickkiste, in der alle denkbaren Geräusche vorhanden sind. Geräusch ist nämlich nicht gleich Geräusch – ein Gong oder der Klang einer Glocke zum Beispiel. Soll der Ton nach einem fernöstlichen Meditations-/Massage-Gong klingen? Oder doch eher nach dem typischen Glockenton zu Beginn eines Boxkampfes? Oder soll es doch eher das heimatlich-anmutende Geläut einer Kirchenglocke in einem urigen Dorf sein?
Ich bin mir sicher, beim Lesen des letzten Absatzes hatten Sie die entsprechenden Geräusche genau im Ohr. Nur der richtige Klang löst auch das Gefühl der Wiedererkennung bei den Hörern aus.
Geräuschemacher oder „Foley Artists“
Bei der Nachbearbeitung von Filmen hat das Geräuschemachen eine lange Tradition und sogar einen eigenen Namen: Foley – namensgebend war der US-Amerikaner Jack Foley (1891-1967), der als Geräuschemacher für Filme arbeitete und die Zunft des Postproduction-Sounds begründete.
Als Foley-Artist muss man kreativ sein: Mit den unterschiedlichsten Gegenständen (oft auch ganz alltäglichen) werden nachträglich Sounds und Geräusche zu Filmen zugefügt. Allerdings nur, was sich innerhalb eines Studios verwirklichen lässt – Explosionen, Car-Crashes oder Naturkatastrophen kann man nicht wirklichkeitsgetreu in einem Foley-Studio nachstellen.
In diesem Video hier bekommt man einen sehr guten Eindruck von der Arbeit der Foley-Artists:
Der Kaktus im Studio
Dass man mit den verschiedensten Gegenständen Geräusche erzeugen kann, haben Sie im Video schon gesehen. Oft sind es sehr ungewöhnliche Dinge, deren Klang dann in einem ganz anderen Kontext verwendet wird, als das Objekt vermuten lassen würde.
Sehr experimentell ging auch der US-amerikanische Komponist und Künstler John Cage bei einigen seiner Stücke vor: Das Werk „Child of tree“ ist ein Musikstück aus Klängen, die alle mit natürlichen Gegenständen erzeugt werden: Holzstöckchen, raschelndes Laub, Schilfrohre, Tannenzapfen und auch ein Kaktus.
Wir P&Pler haben nicht schlecht gestaunt, als Büro-Kollege Andreas Meixner (AMR Kulturmanagement / Spektral Records) letzthin mit seinem Kaktus zu uns ins Studio kam, um dessen Klangqualität zu testen. Den Aufbau sehen Sie auf dem beigefügten Bild.
Damit der gewünschte Klang übertragen werden kann, benötigt das Mikrofon Kontakt zum Kaktus, der beim Zupfen an den Kaktus-Stacheln wie ein Klangkörper funktioniert. So wird der Klang über das Mikrofon hörbar.
Aufgeführt wurde das Stück „Child of tree“ letztes Wochenende auf dem Adlersberg bei Regensburg bei den Stimmwercktagen, für die Andreas Meixner den Kaktus-Aufbau bei uns im Studio vorab schon mal getestet hat.
Wie sich das Stück von John Cage anhört, können Sie in diesem Video sehen bzw. hören:
Improvisation ist alles
Eigentlich gehört das Erzeugen von Geräuschen nicht zu den typischen Aufgaben unserer Toningenieure. Aber ab und zu ist dann doch mal ein wenig klangliche Kreativität gefragt.
Denn es kommt immer mal wieder vor, dass der gewünschte Klang ganz spezifisch und deshalb einfach noch nicht im Geräusche-Archiv aufzufinden ist. Oder eine Klang-Komposition verlangt nach ganz bestimmten Sounds, die man als geübter Toningenieur dann der Einfachheit halber selbst im Studio erzeugt.
Handwerker-Geräusche à la Tooltime
Ein Schraubenschlüssel, der ganz leicht über einen Backstein gleitet, das typische Farbrollen-Geräusch beim Streichen einer Wand, der Klang von Bohrern und anderen Baumarkt-Geräten…
Für eine BAUHAUS-Komposition hat sich P&P-Tonmeister Maximilian Maier zuletzt einen Backstein, eine Farbrolle und einen Schraubenschlüssel in sein Homestudio vors Mikro geholt.
Ein Baumarkt braucht natürlich auch passende Geräusche in Werbung und YouTube-Videos – wenn die dann noch genau auf die komponierte Musik passen müssen, greift der geübte Toni eben selbst zu den Gerätschaften.
Herz und Beinbruch
P&P-Tonmeister Al Kreuzer kann von selbstgemachten Geräuschen auch ein Lied singen, denn er hatte unter anderem schon unsere elektrische Hoppestraßen-Kaffeemühle im Aufnahmeraum vor dem Mikro und noch so einiges anderes:
„Für einen Spot mussten wir mal einen Beinbruch akustisch nachstellen. Also quasi, wie der Knochen bricht. Wir haben alles Mögliche ausprobiert: Holz zum Beispiel. Hat aber alles nicht so geklungen. Weißt Du, was es dann am Ende war? Staudensellerie. Verrückt, das hätten wir nie gedacht!“
(Ich glaube, ich werde nie wieder in ein Sellerie-Stangerl beißen können, ohne an gebrochene Knochen denken zu können.)
Wie ein Herzschlag funktioniert, zeigt er mir auch gleich noch – nämlich, indem er mit den Händen je ein Ende von einem Geschirrtuch bündelt und es dann sanft schnalzen lässt. Das dumpfe Wummern klingt wirklich wie ein rhythmischer Puls – die Frequenz kann man selbst bestimmen. Verrückt.
Klang und Emotion
Was bestimmte Geräusche in uns auslösen, habe ich in einem meiner bisherigen Blogartikel schon genauer ausgeführt. An dieser Stelle sei nur so viel gesagt: Nur das passende Geräusch erzeugt auch das gewünschte Bild im Kopf.
Vielleicht ist es ab und zu auch mal ganz nett, neue Geräusche im Studio aufnehmen zu können. Unseren Tonis macht es jedenfalls Spaß und es bringt Abwechslung in die tägliche Arbeit am Mischpult.
Die Arbeit eines richtigen post-production Foley-Artists stelle ich mir ungefähr so vor, dass man vor lauter Berufsblindheit auch in seiner Freizeit jeden Gegenstand auf seine klangliche Qualität überprüfen muss. Sehr experimentell und sicher ein Beruf, den man auch oft mit einer gewissen kindlichen Freude ausüben kann.
Wir sind schon gespannt, was der nächste DIY-Sound in unserem Studio sein wird und welche Gegenstände dafür zum Einsatz kommen werden. Wir halten Sie natürlich auf dem Laufenden!