Werbemusik ist mittlerweile eine eigene Kategorie musikalischer Kompositionen, was beweist, dass sie einen hohen Stellenwert für die werbetreibenden Unternehmen erreicht hat. Werbemusik ist ein Medium, das die Markenkommunikation fördert und dafür sorgt, dass sich die Zielgruppe aus potenziellen Käufern mit dem beworbenen Produkt identifiziert. Dafür werden immer häufiger schon existente Lieder von Bands verwendet.
Ein Unternehmen will für sein neues Produkt werben, das Budget wird festgelegt, ein Werbespot produziert und ein Lied dafür ausgesucht. Inzwischen kennt man immer häufiger Situationen, in denen bereits vorhandene Songs von meist unbekannteren Bands für die Werbung eingesetzt werden. Warum ist das so?
Das Ziel von Werbemusik ist, das Markenimage mit einem Gefühl zu verbinden, sodass die Koppelung an das Produkt intensiviert oder verbessert wird. Das gelingt besonders gut mit sorgfältig ausgewählten Werbeliedern, die zum Beispiel treibende Rhythmen oder eingängige Refrains haben, die einem nicht mehr aus dem Kopf gehen.
Hat man dies bei den Kunden geschafft, ist es nur eine Frage der Zeit, bis sie versuchen werden, den Interpreten oder den Titel des Liedes herauszufinden und der nette Nebeneffekt ist: Sie erinnern sich nicht nur an das Lied, sondern verknüpfen es mit dem Unternehmen, der Marke oder dem Produkt.
Werbesongs in den Charts
Wie sich in den letzten Jahren herauskristallisiert hat, besitzen beispielsweise die Werbemacher von Vodafone oder Apple ein ziemlich gutes Händchen für erfolgreiche Werbesongs. So verwendete die Mobilfunkgesellschaft die Titel „Time to Wander“ von Gypsy & The Cat oder „Safe And Sound“ von Capital Cities sowie das besonders erfolgreiche Lied „We are the People“ von der Band Empire of the Sun in ihren TV-Werbeclips.
Aber auch Apple legte die Messlatte bei der Auswahl der Musikstücke hoch: „1,2,3,4“ von der Kanadierin Feist bewarb beispielsweise den IPod Nano, „Shut up and let me go“ von The Ting Tings lief in der iPod/iTunes-Werbung von 2008, genauso wie „Feel Good Inc.“ von den Gorillaz.
Demnach war es keine Überraschung, als die Songs auch in den Charts auftauchten und sich dort mit großem Erfolg hielten. Man könnte also behaupten, dass diese Sync-Deals sowohl ein Sprungbrett, als auch eine wichtige Einnahmequelle für manche Künstler darstellen.
Mit steigendem Erfolg der Apple-Produkte kooperierten sogar bekannte Musiker wie Coldplay, James Bay und Kygo mit dem Unternehmen. Sync-Deals mit Musikergrößen kommen die Unternehmen teuer, deshalb gibt es sogenannte Soundalikes. Soundalikes sind Auftragskompositionen, die wie das Original klingen und gleichzeitig den Geldbeutel schonen sollen.
Werbesongs finden
Mittlerweile werden Titel und Interpret der Werbelieder teilweise während des Werbespots eingeblendet, doch ist das mal nicht der Fall, gibt es Hilfsmittel wie zum Beispiel die App Shazam, die einen sogar gleich zu Spotify, YouTube oder Deezer weiterleitet.
Dort kann man den Titel in voller Länge anhören oder sofort downloaden und zur Playlist hinzufügen. Da Werbespots aber nur eine gewisse Länge haben, reicht die Zeit manchmal nicht aus, damit Shazam den Titel erkennt. Die rettende Alternative ist die Werbemusikdatenbank WerbeSongTV: Hier findet man über 1500 eingetragene Werbesongs aus dem deutschen, österreichischen und Schweizer Fernsehen aus den Jahren 2005 bis 2013.
Die Website basiert auf dem Crowdsourcing-Effekt: Jeder Nutzer kann neue Titel auf der Plattform eintragen. Wer es lieber „Oldschool“ mag, kann die 2012 veröffentlichte Doppel-CD „Werbesongs – Hits aus der Werbung“ vom Label EMI käuflich erwerben. Sogar das bekannte Fernsehformat des Senders RTL „Die ultimative Chartshow“, widmete den erfolgreichsten Werbe-Songs eine ganze Sendung und presste diese ebenfalls auf eine CD.
Werbemacher wissen: Indie-Bands sind „der Hit“
Betrachtet man die erfolgreichsten Werbespots und die dafür verwendeten Lieder, wird klar: Die Marketing-Leute in den Werbeagenturen haben ein neues Lieblings-Genre für sich entdeckt – Indie.
In den letzten Jahren werden auffällig oft Musikstücke von Künstlern verwendet, die man dem Genre Indie oder Alternative zuteilen würde. Ganz gleich ob „Run Boy Run“ von Woodkid, „Bohemian like you“ von den Dandy Warhols oder „Disparate Youth“ von Santigold für Vodafone, „Golden Skans“ von den Klaxons für den Garnier Fructis Spot, Flume’s Remix von Disclosure’s „You and Me“ in der Mon Chéri Werbung oder “Gold“ von Chet Faker aka Nick Murphy in der Apple MacBook Werbung, Franz Ferdinand, The Fratellis, Massive Attack, Of Montreal – die Liste ist unendlich….
Ich persönlich freue mich ja für die Bands, dass die Werbespots ihren Bekanntheitsgrad steigern, kann jedoch mein „Hipster-Gedankengut“ nicht loswerden: Es wurmt mich, dass diese Bands jetzt ‚JEDER‘ kennt, die ich mir früher stundenlang so mühsam im Internet zusammengesucht habe.
Abgesehen davon bezweifle ich, dass die Künstler tatsächlich so hinter den Produkten stehen, für die ihre Songs werben – ich kann mir zum Beispiel nicht vorstellen, dass ein cooler Typ wie Yoann Lemoine aka Woodkid mit Vodafone-Vertrag telefoniert und sich über die ständigen Störungen aufregen muss oder der lässige Nick Murphy seine Songs auf dem MacBook zusammenbastelt und Harley Edward Streten bzw. Flume isst wahrscheinlich lieber Tim Tams* (*typische australische Süßigkeit) als Mon Chéri.
Werbesongs als Erfolgsgarant?
Verkaufen sich Produkte, die mit bekannten Werbesongs vermarktet wurden, tatsächlich besser? Die Chancen stehen vermutlich 50/50, denn einfach anzunehmen, dass eine Zielgruppe ein Produkt kauft, nur weil die Werbemusik gut ist, wäre überzogen.
In erster Linie geht es immer noch ums Produkt: Wenn dessen Qualität nicht zufriedenstellend ist, hilft auch kein Werbesong-Ohrwurm. Trotzdem: Den richtigen Werbesong für ein Unternehmen oder ein Produkt auszuwählen ist eine Kunst für sich.
29. Januar 2018 um 11:35
Ich finde die Werbung sollte nur noch mit Musik hinterlegt werden ohne Kommentare, einfach den Werbetext einblenden und gut, wer sich für das Produkt interessiert liest es. In meinem Bekanntenkreis sind alle von den Werbepausen genervt. Die Werbung wird anscheinend auf einmal lauter gestellt, und dann kommt noch die nervige Stimme dazu, die den Werbetext runterrattert als ob es keinen Morgen mehr gibt.
So eine Werbung will niemand hören und sehen, das Geld dafür würde ich mir sparen.
29. Januar 2018 um 17:45
Sehr geehrter Herr Berens,
vielen Dank für Ihren Kommentar. Auf welche Form der Werbung beziehen Sie sich hier genau? Einen Radiospot ohne Sprecher zu produzieren wäre nicht sinnvoll, da die Hörer hier keine Möglichkeit haben, etwas zu lesen. Display-Werbung bzw. Fernsehwerbung böte hier natürlich die von Ihnen beschriebene Option. Aber so funktioniert Werbung nunmal – dass sie auch mal nervt, kennen wir alle viel zu gut. Dürfen wir uns erlauben zu fragen, auf welchen Wegen Sie Werbung für sich/ Ihr Unternehmen machen?
Viele Grüße aus Regensburg,
Ihr Team der P&P-Studios Audio-Agentur