Musicalfilme sind wie Erfrischungsstäbchen oder Gelee-Dominosteine: Geschmackssache. Die einen verdrehen genervt die Augen, sobald die Protagonisten im Film zu singen anfangen, die anderen lauschen mit verzücktem Gesichtsausdruck oder singen sogar mit. Doch selbst die Anti-Fans müssen zugeben, dass Musicalfilme in den vergangenen Jahren immer populärer geworden sind.
Der Ursprung der Musicalfilme
Musicalfilme hatten ihre Anfänge mit den Zeichentrickklassikern von Walt Disney – tatsächlich hat es uns damals nicht gewundert, wenn die Disney-Prinzessinnen oder ihre Freunde anfingen, zu singen. Die Lieder hatten die dramaturgische Funktion, die Handlung zu unterstützen und zu erzählen.
In den 1930er Jahren erlebten Musicalfilme geradezu einen Boom und Hollywood nutzte die Gunst der Stunde nach dem Börsencrash 1929 einige Broadway-Komponisten einschließlich ihrer Werke abzuwerben.
„Der Zauberer von Oz“ erschien 1939 als erster Musicalfilm in Farbe und es folgten weitere Klassiker wie „West Side Story“ oder „My Fair Lady“ mit der bezaubernden Audrey Hepburn, die die Zigarettenspitze salonfähig machte.
„Superkalifraglistischexpialigetisch“ kam auch der Film „Mary Poppins“ mit Julie Andrews in der singenden, tanzenden und Schirm-schwingenden Rolle des gleichnamigen Kindermädchens an. Der Film „Grease“ verhalf John Travolta und Olivia Newton-John zu großer Bekanntheit und die Rocky Horror Picture Show ist Kult und kommt auch aktuell wegen der LGBT-Debatte nicht aus der Mode.
Der Trend geht weiter
Doch der Erfolg von Musicalfilmen machte danach noch lange nicht Halt – im Gegenteil: Es folgten Perlen wie „Hairspray“, der sich mit der früheren Diskriminierung von Afro-Amerikanern beschäftigt oder „Mamma Mia!“, in dem Meryl Streep und Amanda Seyfried die bekanntesten Abba-Hits zum Besten geben.
Aber woher kommt der Erfolg von Musicalfilmen?
Da es in den früheren Hollywood-Jahren schwieriger war, Musicals auf der Bühne mitsamt der richtigen Vertonung, Choreografie und Technik umzusetzen, kam die Idee auf, Musicals einfach zu verfilmen, um Geld und Arbeit zu sparen.
Disneyfilme erinnern uns an unsere Kindheit und lassen uns nostalgisch werden, was ein weiterer Grund für den Erfolg von Musicalfilmen sein könnte. In den Freundeskreisen der „90ies-Kids“ gibt es viele hartgesottene Disney-Fans, die die meisten Lieder sogar noch auswendig können und zu deren Abendplanung regelmäßige Disney-Abende gehören.
Auch in den heutigen Musicalfilmen gibt es Parallelen zu den Zeichentrickfilmklassikern, denn wenn Emma Stone und Ryan Gosling in „La La Land“ zusammen „City of Stars“ anstimmen, erzählen und unterstützen sie damit die Geschichte ihrer Charaktere Mia und Sebastian: Während Mia davon träumt, als Schauspielerin berühmt zu werden, will Sebastian einen Jazzclub eröffnen, was aber in der „Stadt der Stars“, Los Angeles, nicht gerade einfach ist.
It’s all about the money…
Eine zusätzliche Erklärung für die Erfolgsgeschichte von Musicalfilmen ist eine ziemlich profane: Die Filme sind meist kostengünstiger in ihrer Produktion als Musicals. Eine Musicalproduktion ist Herkulesarbeit – keine Frage, denn nach den Installations- und Entwicklungskosten hören die Kosten nicht auf.
Wenn eine Show Abend für Abend ohne Qualitätsverlust aufgeführt werden soll, Vorderhaus-, Hinterhaus-, und Verwaltungsmitarbeiter sowie Mieten bezahlt und ein Bühnenbild gepflegt werden muss, ist es nicht realistisch, die Ticketpreise wie im Kino zu gestalten.
Diese Tatsache schreckt jedoch einige Besucher ab, die nicht das Budget haben, öfter als einmal im Jahr (wenn überhaupt) in ein Musical zu gehen. Das Kinoticket für einen Musicalfilm, der ja ein ähnliches Erlebnis verspricht, ist meist günstiger.
Außerdem laufen beliebte Musicals mehrere Wochen/ Monate oder es gibt sogar Daueraufführungen wie „König der Löwen“ in Hamburg, was für die Musicaldarsteller eine enorme Belastung ist.
Die Schauspieler in einem Musicalfilm dagegen arbeiten ihre Anzahl an Drehtagen ab und der Film kann beliebig oft wieder angesehen werden und mehrere Wochen in den Kinos laufen. Der Input für einen Musicalfilm ist also oft geringer und der Output höher.
Eine gute Zeit für Musicalfilme
Die Gesangseinlagen in Musicalfilmen dienen dazu, die Handlung aufzupeppen – bei flotten Melodien und energiegeladenen Tanzeinlagen wird garantiert keiner der Zuschauer wegnicken.
Der Komponist von „La La Land“ oder „Die Schöne und das Biest“ Alan Menken erklärt den Erfolg von Musicalfilmen in einem Interview wie folgt: „Die Akzeptanz für Musicals ist wie eine Welle, es ist eine gute Zeit für Musicals, bis es einen Flop gibt, dann ist es eine Weile lang eine schlechte Zeit.“
Eins ist sicher: Momentan scheint es eine gute Zeit für Musicalfilme zu sein.