Der Begriff des Gender-Marketings taucht in letzter Zeit immer häufiger in Medien und Fachartikeln auf. Jedoch ist dieses Gebiet keinesfalls eine Neuheit, ein kurzweiliges Phänomen oder gar eine Eintagsfliege der Marketing-Branche. Gender-Marketing ist, wenn auch oft unbewusst, schon ziemlich lange ein sehr interessantes und zugleich komplexes Themengebiet. Allerdings befassen sich Studien und die dahinter stehenden Wissenschaftler und Experten erst seit kurzer Zeit intensiv mit dem Begriff des Gender-Marketings.
Definition
Das Gender-Marketing beschreibt im Allgemeinen einen speziellen Ansatz zur Vermarktung von Dienstleistungen und Produkten. Hierbei wird einerseits versucht, eine gezielte Herstellung und Entwicklung von Produkten, bzw. die Bereitstellung von Dienstleistungen anzustreben, welche verschiedene Vorteile für unterschiedliche Geschlechter mit sich bringen. Zum anderen zielt Gender-Marketing darauf ab, die Vorteile bei Verkauf und Bewerbung der Produkte besonders herauszustellen und hervorzuheben. „SheCommerce“, Female Commerce“ oder „Marketing to Women“ sind weitere irreführende Bezeichnungen und zweifelhafte Synonyme. Für den männlichen Part gibt es hierbei keine spezifische Bezeichnung.
Wo setzt das Gender-Marketing nun genau an?
Der grundlegende Ansatz des Gender-Marketings beruht darauf, dass Männer und Frauen sich in verschiedenen Lebensentwürfen befinden und somit auch unterschiedliche Bedürfnisse haben. Diese Unterschiede spiegeln sich in den Kaufpräferenzen und schließlich den Kaufentscheidungen wider, die Marketer versuchen in der Vermarktung zu verarbeiten und zu ihrem Vorteil zu nutzen. Die Rolle des Geschlechts ist daher nicht nur ein sozial, sowie gesellschaftlich wichtiges Thema, sondern ebenso ein Wirtschaftsfaktor, zumindest aus der Sicht des Gender-Marketings und den Marketern dahinter. Neben der Produktentwicklung und den Vertriebskanälen ist eindeutig die Marketingstrategie der Hauptansatzpunkt.
Brief History
Der Ursprung des Gender-Marketings liegt noch nicht lange zurück. Der Begriff tauchte erstmals in den 90er Jahren in den USA auf. In Europa und damit auch in Deutschland ist dieses Gebiet erst in den letzten 15 Jahren zum Thema und Diskussionsobjekt avanciert.
Der erste Gender-Marketing-Kongress fand dabei 2006 in Berlin statt. Seitdem beschäftigen sich Wissenschaftler zunehmend mit dem Thema und es entstanden unter anderem teils hitzige Diskussionen, wie ich im nächsten Block ausführen werde.
Kritik am Gender-Marketing
Oftmals werden für Frauen konzipierte Werbekampagnen nach dem Prinzip „pink it and shrink it“, erstellt. Also, alles klein machen und pink färben, schon ist die Frau angefixt zum Kaufen? Das ist eine sehr vereinfachende, sowie falsche Vorgehensweise, die vor allem männliche Marketer schon viel zu oft angewendet haben und immer noch anwenden.
Laut einer der Vorreiterinnen des Gender-Marketings Diana Jaffé werden 80 % aller Konsumgüter von Frauen gekauft, die Produkte aber meistens von Männern entworfen. Diese gehen fälschlicherweise davon aus, dass die Konsumentin dieselben Gedankengänge wie sie teilt.
Etwas tiefer gebohrt
Ein, wenn nicht das Erfolgsbeispiel des Gender-Marketings, stammt aus dem Hause Bosch. Nachdem Ende der 90er Jahre viele, meist billigere Heimwerkerprodukte aus dem asiatischen Raum in den Markt drängten, suchte das Unternehmen händeringend nach einer Lösung.
Der Markt wurde dabei intensiv analysiert und man kam zu dem Entschluss, dass es eine bislang unentdeckte, ziemlich große Gruppe an sporadischen Heimwerkern gibt. Das Hauptaugenmerk, ist hierbei auf das Wort sporadisch zu legen. Denn wer nur ab und zu einen Nagel in die Wand klopft oder ein Loch bohrt, braucht keinen schweren Akku-Bohrer für mehrere hundert Euro. Die Zielgruppe, welche zum Großteil aus Frauen besteht, legt besonderen Wert auf die simplen Eigenschaften der Elektrowerkzeuge. Sie sollten möglichst, leicht handlich und einfach zu bedienen sein (auf überflüssige Extras sollte verzichtet werden). Für diese Leute steht auch eher das Endprodukt, also das Loch in der Wand oder der montierte Badschrank im Vordergrund und nicht, ob sie während der Arbeit die Drehzahl ihres Werkzeugs nachjustieren können, oder dieses mit 37 LED´s verziert ist.
Eine wichtige Erkenntnis in diesem „Heimwerker“-Sektor ist zudem, dass Frauen speziell für Frauen entwickelte Heimwerkerprodukte ablehnen, auch wenn sie durchaus andere Ansprüche an Werkzeug als ihre männlichen Kollegen haben. Sie schätzen mehr die simple, handliche Ausführung der Elektrowerkzeuge als ihre männlichen Kollegen.
Es entstand der Akkuschrauber Ixo, der bis heute das Paradebeispiel für Gender-Marketing darstellt. Dieser ist heute das am häufigsten verkaufte Elektrowerkzeug der Welt.
Zusammenfassende Endmontage
Gender-Marketing ist viel mehr als auf den ersten Blick erkennbar. Es bietet neben dem Grundstoff für erfolgreiche Werbekampagnen ebenso ordentlich Potenzial für Diskussionen. Hierbei sollten sich vor allem die Herren der Schöpfung öfter mal an die eigene Nase fassen, ansonsten droht ihnen wohl oder übel die Nominierung für den goldenen Zaunpfahl. Hierzu empfehle ich abschließend noch einen wunderbar geschriebenen Artikel der Autorin Antje Schrupp.