Im Jahre 1989 hat Stephan Nierwetberg bei den P&P-Studios angefangen zu arbeiten als frisch gelernter Tonmeister von der SAE. Heute ist er Inhaber und Geschäftsführer der Regensburger Audioagentur. Doch wie kam er zu den P&P-Studios und was macht er, wenn er mal nicht im Studio sitzt? Das alles und noch vieles mehr erfahren Sie in diesem Interviewartikel.
Moritz: Wie bist du überhaupt zum Sounddesign bzw. Produzieren gekommen?
Stephan: Ich habe eine 16-monatige Audioengineer Ausbildung bei der SAE in München gemacht. Ich hatte bereits während meiner Jugend-, Schul- und Studienzeit viel mit Aufnahmegeräten experimentiert und gearbeitet, so dass schon bei Beginn der eigentlichen Ausbildung viel Basiswissen da war. Eines Tages hing dort am schwarzen Brett ein Zettel, auf dem stand, dass die P&P-Studios aus meiner Heimatstadt in Regensburg Verstärkung suchen, was natürlich ein riesen Zufall war! Ich stellte mich vor und wurde als freier Mitarbeiter (Tonmeister) eingestellt. So konnte ich schon während meiner Ausbildung dort arbeiten und Erfahrungen sammeln. Bei den P&Ps ging und geht es im Kerngeschäft um die Produktion von Radiospots. Ich war also dort Tonmeister für das Aufnehmen der Sprache, Musik- und Geräuschauswahl, montieren dieser Elemente – damals noch mithilfe einer Mehrspurbandmaschine – und das Abmischen auf das Masterband. Sehr bald wurde aber meine Haupttätigkeit das Komponieren und Produzieren von Werbemusik (sog. Jingles) für die Kunden.
Moritz: Wolltest du schon immer in diesen Bereich arbeiten?
Stephan: Die Aussicht, nur als Musiker/Studiomusiker im Pop –Bereich erfolgreich zu werden, war mir zu vage. Daher war für mich die Kombination mit einem tontechnischen Beruf eine optimale Kombination. Insofern wollte ich zwar nicht speziell in die Spotproduktion, sondern die Tonmeisterei beherrschen und am Mischpult sitzen, aber durch meinen vorherigen Weg hat sich das dann eben so ergeben.
Moritz: Was hast du vorher gemacht?
Stephan: Vorher habe ich 12-Semester Jura studiert. Ich wollte in der Oberstufe an die Musikakademie gehen, aber man riet mir, zuerst mein Abi fertig machen. Heute bin ich froh, dass ich darauf gehört habe und nicht auf die Musikakademie gegangen bin, da ich dort im „klassischen Fach“ gelandet wäre, wo doch mein Musikerherz eigentlich mehr für die Pop- und Jazzmusik schlägt, also mehr für die Musik des 20./21. Jahrhunderts.
Moritz: Wie sieht ein Arbeitstag bei dir aus, oder kann man das pauschal nicht genau sagen?
Stephan: Kann man schon sagen. In unserem Haus bin ich der Leiter des Unternehmens, d.h. ich habe Tätigkeiten wie Unternehmenskennzahlen und Statistiken erstellen und überprüfen, Team-Arbeit organisieren, im Grunde also alles, was halt das Management eines Unternehmens erfordert. Ich bin aber auch immer noch im kreativen Bereich aktiv – allerdings nicht im gleichen Umfang wie die andern Produzenten im Haus. So führe ich z.B. Briefinggespräche und schreibe Texte für eine Produktion, di ich selber übernehme. Auch Werbe- oder Auftragskompositionen übernehme ich immer wieder selbst, wobei ich allerdings häufig nur die eigentliche Komposition erstelle und die Ausführung – also das Einspielen der Instrumente – einem unserer Tonmeister/Studiomusiker überlasse.
Moritz: Du spielst ja Klavier. Wieso spielst du ausgerechnet Klavier und wie lange schon?
Stephan: Ich spiele Klavier, da meine Mutter Klavier spielte und wir ein Instrument zuhause hatten. Irgendwann kam dann die Frage auf, ob meine Schwester und ich nicht auch dieses Instrument lernen wollten. So habe ich mit 8-Jahren mit Klavierstunden angefangen.Das ging dann bis zum 14. Lebensjahr. Ich war durch meine Brüder bereits mit 6 Jahren mit Rock- und Popmusik in Berührung gekommen. Meine erste Single-Schallplatte war noch „Mama“ von Heintje. Doch schon kurz darauf hörte ich die Beatles, Steppenwolf, Uriah Heep und viele andere Bands. Daher war spätestens mit 14 Jahren mein Interesse an klassischen Klavierstunde fort. Ich spielte stattdessen alles am Klavier nach, was mir gefiel.
Moritz: Ist dieses Instrument, oder überhaupt ein Instrument spielen zu können, essenziell wichtig, um als Musikproduzent bzw. Tonmeister arbeiten zu können?
Stephan: Das kommt darauf an, da Musikproduzent und Tonmeister unterschiedliche Berufsbilder sind. Als Musikproduzent ist es schon hilfreich, ein Instrument oder besser noch mehrere spielen zu können, da man dann die Möglichkeiten sowie auch die Begrenzungen eines Instruments oder auch eines Songarrangements besser erkennen kann. Beim Tonmeister ist es zwar auch hilfreich, wenn man ein Instrument spielen kann, es ist aber nicht zwingend. Wenn man etwa Tonmeister in einem Synchronstudio ist, hat man den lieben langen Tag ja nur mit Sprache zu tun.
Assistenz: Würdest du dich mehr als Audiodesigner, oder Musikproduzent bezeichnen?
Stephan: Eher als Audiodesigner.
Moritz: Worin liegt der Unterschied zwischen Produzent und Tonmeister in eurem Betrieb?
Stephan: Der Produzent ist derjenige, der den Kundenkontakt hat, d.h. wenn der Kunde XY anruft und fragt, ob Radiowerbung was für ihn ist, wird er vom Produzenten beraten. Im nächsten Schritt unterbreitet der Produzent ein Angebot, er führt das Briefinggespräch und gibt die Infos aus diesem Gespräch an den Texter weiter oder er textet selber.
Wenn der Kunde einen Text ausgewählt hat, „wandert“ dieser ins eigentliche Studio zum Tonmeister, der die Produktionssoftware beherrscht und daraus in Zusammenarbeit mit dem Produzenten einen Spot erstellt. Produzent und Tonmeister machen mit einem/-r professionellen Sprecher/-in eine Sprachaufnahmen. Der Tonmeister fügt Musiken und Geräusche hinzu. Anschließend hört der Produzent den Spot ab und leitet ihn dann als MP3-Datei weiter zum Kunden.
Moritz: Welche Voraussetzungen sollte man mitbringen als Tonmeister?
Stephan: Man braucht zunächst mal gute Ohren. Außerdem sollte man als Tonmeister sollte das Produktionssystem komplett – quasi „blind“ – beherrschen.Wir arbeiten mit der Hard-Disk-und Mixing –Software „PROTools“.Nur wenn ich die Technik beherrsche, kann ich mich um die wesentlichen Dinge im Spot kümmern:Welche Musik passt am besten, welches Geräusch nehme ich, damit die Dramaturgie des Spots am besten zur Geltung kommt.
Moritz: Worin sollte man seinen Schwerpunkt setzen, um in einer Audioagentur arbeiten zu können als Tonmeister, oder Audiodesigner?
Stephan: Man sollte gut mit Sprache und Ihrer Aufnahme umgehen können.
Darüber hinaus sollte man in der Lage sein, sich das Endergebnis schon vorher aufgrund des Textmanuskripts vorzustellen, da der Text ja gleichsam das Drehbuch des Radiospots ist. Es geht darum, beim Hörer mithilfe von Stimme, Musik, Geräuschen und ihrer Lautheit, Zartheit ,Abfolge etc. ein bestimmtes Gefühl zu erzeugen.Man sollte also kreativ sein und das Produktionssystem wie einen großen „Ton-Malkasten“ betrachten.
Moritz: Wenn du nicht gerade im Studio bist, wo bist du dann?
Stephan: Ich habe dann mit unserem Vertrieb zu tun, z.B. wenn ich regelmäßig mindestens 2 Mal die Woche an den Treffen des professionellen Empfehlungsmarketing-Netzwerks BNI teilnehme. Dort treffe ich mit anderen Netzwerk affinen Unternehmern zusammen und kann Ihnen u.a. erklären, wie das mit der Radiowerbung funktioniert, und was professionelle Telefonansagen eigentlich sind, so dass sie den Nutzen für sich aber insbesondere auch für Ihren anderen Kontakte erkennen und uns weiterempfehlen können.
Ich spiele zusammen mit meiner Frau im Duo, Evergreens aus Swing, Jazz, Pop und altem deutschen Schlager, aber keine hypermodernen Sachen, da ich nur Klavier spiele, also nicht mit MIDI-Playbacks arbeite. Handgemachte Musik eben.Ansonsten bin ich auch noch Mitglied in einen Gospel-Quintett, ich singe dort die Bariton-Stimme.
Moritz: Gibt es einen Tag, an dem du nichts mit Musik bzw. Arbeit zu tun hast in der Woche?
Stephan: Nun am Wochenende gibt es mal den ein oder anderen Auftritt, dennoch kann das Wochenende auch mal „Musik“ frei sein. Morgens höre ich als erstes Sprachsender, wie Bayern 2 oder Bayern 5, um informiert zu bleiben. Gerade in Wort lastigen Sendern wie beispielsweise Bayern 2oder Deutschlandfunk Kultur höre ich aber auch immer wieder Musik und Künstler abseits des Mainstreams, was mich inspiriert. Dennoch haben wir als Produzenten aber auch immer das Ohr am musikalischen Puls der Zeit, da die Mehrzahl unserer Radiospots ja in „Mainstream“-Radiosendern läuft.